Sehr viele der medial veröffentlichten Einschätzungen zur militärischen Situation in der Ukraine beruhen auf Veröffentlichungen des “Institute for the Study of War”. Dabei handelt sich um einen US-amerikanischen “Think Tank”, der offensichtlich mehr am Wohlwollen von Politikern interessiert ist als an der realistischen Darstellung der militärischen Situation.
Was nun den Ukrainekrieg angeht, aus dem sich die USA lieber gestern als morgen zurückziehen würden, ist es sicher kein Zufall, daß eine bislang gern genommene Informationsquelle, das “Institute for the Study of War” (ISW), just in diesen Tagen der Medienöffentlichkeit zum Fraß vorgeworfen wird. Etliche der Informationen, die von dort kamen, scheinen eher analytischem Wunschdenken entsprungen gewesen zu sein, als einer tatsächlichen Faktenlage. Das wäre schon für die “Informiertheit” der Öffentlichkeit schlecht, aber wenn sich Politiker bei ihren Entscheidungen über Waffen- und Hilfslieferungen ebenfalls von den “Informationen” eines solchen “Thunk-Tanks” leiten lassen, dann wird es unnötigerweise lebensgefährlich und auch noch saumäßig teuer.
So beurteilt das neben Nathan Ruser, einem Wissenschaftler am „International Cyber Policy Centre“, und dem Militärexperten Michael Kofman inzwischen auch der Journalist Neil Hauer, der unter anderem für den TV-Sender CNN arbeitet. Hauers Worten zufolge steckt aber nicht nur das ISW, sondern auch das britische Verteidigungsministerium mit seinen täglichen Geheimdienst-Updates zur Ukraine in einem Dilemma. Letzteres, so Hauer, setze ebenso wie das ISW sinnfreie Spekulationen in die Welt, als handele es sich dabei um Fakten. Das Dilemma: In der Ukraine geht es allerweil nicht richtig “vorwärts”, und zwar weder für die russische noch für die NATO-Seite, offiziell also die ukrainische. Das Ganze ähnelt zur Zeit der festgefahrenen Situation im Ersten Weltkrieg, als sich Frontverläufe über Monate hinweg nicht oder nur kaum veränderten. In der Konsequenz wäre dann auch an der “Medienfront” eigentlich “Saure-Gurken-Zeit”, was naturgemäß schlecht ist für einen militärischen Think-Tank wie das ISW, der davon lebt, in der öffentlichen Wahrnehmung und bei der Presse als Informationsquelle nachgefragt zu sein. Beim ISW verteidigt man sich unterdessen gegen den Vorwurf, aus Gründen der Eigenprofilierung mit Phantasiegeschichten hausieren zu gehen, mit dem Argument, man betriebe schließlich militärische Studien und keine Berichterstattung. Worauf sich die Presse bezöge, seien Analysen und keine aktuellen Zustandsbeschreibungen.

