Im Frühjahr 2022 startete in Deutschland ein Projekt, welches sich auf die wehrlosesten unfreiwilligen Kriegsteilnehmer in aller Welt konzentriert. In Köln, am 4. Juni 2022, direkt neben dem Kölner Dom, vor dem Germanisch-Römischen Museum fand das Projekt „Kinder des Krieges“ zum ersten Mal statt.
Es ist eine große Wand mit Zahlen über in Kriegen verstorbene bzw. von Kriegen leidende Kinder aus aller Welt aufgebaut worden, welche von vier weiteren gleich großen Standwänden mit Fotos von seit 2014 in der Ostukraine durch Kriegshandlungen während der Anti-Terror-Operation der Ukraine verstorbenen Kindern umrahmt wurde. Begleitet wurde diese Ausstellung von einem Kulturprogramm und interaktiven Teil mit Passanten, die Trauerkerzen aufstellen, Blumen niederlegen und Trauerbinden an die „Bäume der Erinnerung“ anbinden konnten.
Nach dieser ersten Veranstaltung bekam das Projekt Einladungen in andere Städte und reiste als erstes auf Einladung des ehrenamtlichen Vereins „Einheit“ nach Hamburg Anfang Juli. Das Projekt ist so gut angekommen, dass der Verein die Idee aufgriff und ein vergleichbares Projekt von sich aus ausarbeitet.
Nach weiteren Projektveranstaltungen hat es sogar Einladungen nach Italien und Frankreich erhalten. Was macht dieses Projekt so besonders — fragen wir die Autorin des Projekts Oksana Walter direkt in unserem Interview:
Was macht Ihr Projekt „Kinder des Krieges“ so besonders, dass es in verschiedene Städte und jetzt sogar ins Ausland (Italien und Frankreich) eingeladen wurde?
Zunächst ist es wahrscheinlich der visuelle Teil, der schon von weitem ins Auge sticht. 15 Meter lang und 2 Meter hoch, und das ist nur der Hauptteil einer interaktiven Ausstellung über die Geschichte der nicht allzu fernen Vergangenheit. In einem Zeitraum von nur zwanzig Jahren starben doppelt so viele Kinder an den Folgen der militärischen Aggression und deren Folgen. Ein großer Teil der Ausstellung wird von der Engelsallee eingenommen, die bedauerlicherweise immer mehr Namen unschuldiger Kinder enthält, denen der Krieg das wichtigste Zukunftsrecht – das Recht auf Leben – genommen hat. Durch die Augen dieser Kinder blicken Trauer, Ungerechtigkeit, Misstrauen und Mitleid in unsere Seelen. Und alle, denen es nicht gleichgültig ist, können das Andenken an die toten Kinder ehren, indem sie eine Gedenkkerze anzünden, ein Trauerbändchen zeigen, viele Teilnehmer legen Blumen nieder und hinterlassen Spielzeug. Das Projekt selbst kann als relevant, notwendig und trauernd angesehen werden, aber es sind die Teilnehmer des Projekts, die einladen und diejenigen, die zum Projekt kommen, die das Projekt mit ihrer Teilnahme, ihrer Unterstützung und ihrem Verständnis für die bittere Wahrheit über Kriegskinder so besonders machen, dass es weit über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt wird.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein solches Projekt ins Leben zu rufen? Warum haben Sie das nicht früher organisiert?
Im Prinzip gab es überhaupt keine Entscheidung. Es ist eine echte Schande, dass nicht viele Menschen etwas zu diesem Thema unternommen haben. Und in der informativen Isolation ganz Europas von dem, was sich seit 2014 in der Ukraine abspielt, was die NATO vorgeblich zu friedlichen Zwecken tut, ist es besonders peinlich, nichts zu tun. Wenn Millionen von Kindern auf der ganzen Welt unter militärischer Aggression und deren Folgen leiden. Generell messen sich die Mächtigen dieser Welt mit Rüstungen und Waffen, während unschuldige Kinder leiden. Das sollte nicht so sein, das ist falsch und darüber sollte gesprochen werden.
Ist Ihr Projekt statisch, oder entwickeln Sie das Projekt weiter in seiner Gestaltung?
Oh nein, statisch ist es keinesfalls. Es gibt Details, die feste Bestandteile der Projektdurchführung sind – ich bezeichne sie schon als Tradition – aber das Projekt ist auch offen für Vorschläge. So bemühen wir uns inhaltstechnisch die Plakate noch mit Bildern von Kindern zu aktualisiert, die in anderen Teilen der Welt durch direkt oder indirekt von den USA/NATO durchgeführten Militäraktionen getötet wurden. Das stellt sich als eine gar nicht so leichte Aufgabe heraus verifizierte Fotos mit dazugehöriger Erlaubnis zu bekommen. Vor allem, wenn man solche Anfragen von keiner großen und/oder bekannten Organisation stellt. Aber daran arbeiten wir auch.
Wenn jemand kreative Ideen einbringt, freue ich mich auch – denn ich liebe kreative Menschen! Meist setzen diese Menschen ihre eigenen Ideen auch direkt um, was mir sehr entgegenkommt. In einem so wichtigen Thema, wie Kinder in Kriegen, ist jeder kreative Aktivist sehr wichtig.
Im Rahmen dieses Projekts haben Sie auch ein lebendes Kind des Krieges hinzugezogen…?
Ja, wir haben für die Veranstaltung in Köln Anfang Juni, zum Weltkindertag ein Fleyer mit dem Text „An Kinder Europas zum Weltkindertag“ gestaltet, den die junge Faina Savenkova aus Lugansk für uns verfasste. Faina ist eine junge Schriftstellerin und Dramaturgin und kämpft seit sie 11 Jahre alt ist für die Rechte der Kriegskinder auf Leben und Sicherheit. Mittlerweile spricht man sogar bei der UNO über sie und sie erreicht sogar Staatschefs und große internationale Organisationen wie UNICEF und Amnesty International. Dafür ist sie sogar mit all ihren persönlichen Daten auf der ukrainischen Internetseite myrotvorets.center als Staatsfeindin der Ukraine gelistet. Faina ist ein sehr gutes Beispiel für Kinder des Krieges und macht den Ernst der Lage auch gut deutlich.
Ihr Projekt hat bereits in Köln, Hamburg, Stralsund, Frankfurt/M, der westfälischen Friedensstadt Osnabrück, Lüdenscheid und Saarbrücken stattgefunden. Was sind die besonderen Herausforderungen, denen Sie sich bei der Organisation solcher Veranstaltungen stellen müssen?
Trotz der bereits etablierten Traditionen des Projekts (Kerzenlicht, Bänder etc.) empfängt uns jede Stadt anders. Aber ich kann sagen, dass die städtischen Behörden und die Ordnungshüter in ihren Städten sehr gastfreundlich sind und überhaupt nichts gegen unser Projekt haben. Was man nicht von den Vertretern ukrainischer Flüchtlinge sagen kann, die aus irgendeinem Grund beschlossen haben, dass unser Friedensprojekt nicht gegen, sondern für die Kampfhandlungen in ihrem Heimatland ist.
Wir sind eindeutig gegen eine Ausweitung dieser Kampfhandlungen und damit gegen die Lieferung von Waffen an die Ukraine sowie an jedes andere Land, das sich in einem Konflikt befindet.
Wir teilen die Kinder des Krieges nicht nach ihrer Nationalität ein.
Wie trägt sich das Projekt?
„Kinder des Krieges“ ist kein kommerzielles Projekt, und wir als Organisatoren und Projektteilnehmer haben das Projekt von Anfang an mit eigenen Mitteln in verschiedenen deutschen Städten durchgeführt. Und die Welt ist nicht ohne freundliche, fürsorgliche Menschen, die sich nicht nur an unserem Projekt beteiligen, sondern es auch in jeder erdenklichen Weise unterstützen. Dank solcher Leute besteht die Möglichkeit, den visuellen Teil des Projekts zu verfeinern und zu aktualisieren, denn die „Allee der Engel“ wird leider täglich mit neuen Namen erweitert.
Welche Zukunft planen Sie für Ihr Projekt?
Es liegt noch viel Arbeit vor uns. Das Projekt wird am 17 Dezember 2022 in Berlin dabei sein. Es wird auch in Paris stattfinden, wo wir mit der Kampagne „Stop Killing Donbass“ zusammenarbeiten werden, um aufzuzeigen, wie Europa durch die Bewaffnung der Ukraine an der Vernichtung der Zivilbevölkerung im Donbass beteiligt ist.
Natürlich gibt es auch langfristige Pläne, denn die Zahl der Kinder, die in den Gebieten der Militäroperationen leben, hat sich im Vergleich zum Zeitraum der letzten zwanzig Jahre verdoppelt und liegt jetzt bei 420 Millionen. Und jedes Jahr sterben Tausende von Kindern und noch mehr leiden unter den Folgen des Krieges, als Folge der militärischen Aggression.
Und wenn mir das gelingt, was ich mir vorgenommen habe, und meine gemeinnützige Arbeit das Leben auch nur eines einzigen Kindes rettet oder zumindest erleichtert, dann kann ich sagen, dass das alles nicht umsonst war.
Existiert Ihr Projekt nur in Form einer Vor-Ort-Installation oder ist es auch online verfügbar?
Inzwischen haben sich dem Projektteam Programmierer angeschlossen, die an einer Informations-Internetseite arbeiten, die in naher Zukunft in Betrieb genommen werden soll. Es gibt auch einen TicToc-Account: Kinder_des_Krieges, auf dem man Videos unserer Projekte ansehen kann. Es gibt auch einen ganz neuen Telegrammkanal für Nachrichten und weitere Informationen, der, wie das Projekt, „Kinder des Krieges“ heißt. Im Laufe der Zeit werden auch auf anderen Social-Media-Plattformen Kanäle eingerichtet, so dass man einfach überprüfen kann, ob wir bereits auf der jeweiligen Plattform vertreten sind. Wir freuen uns über jede Unterstützung, auch wenn jemand langfristige Funktionen übernehmen möchte. Also bitte keine falsche Scheu und schreibt uns an!
Wohin kann man sich wenden, um Sie und Ihr Projekt zu unterstützen?
In der Zwischenzeit kann man mir eine E-Mail an akiz-info@gmx.de schicken. ◾️
Wir bedanken uns für das Interview und wünschen Oksana und ihren Helfern weiterhin viel Erfolg für ihren Einsatz.