Johannes Hübener bei seiner Rede zu Sanktionen am 6.10.2022 im Bundesrat
Dr. Johannes Hübner hielt am 6. Oktober im Österreichischen Bundesrat eine bedeutsame Rede über die wahren Zusammenhänge zwischen westlicher Sanktionspolitik und wachsenden Immigrationsströmen, welche die Bevölkerungen Europas verstärkt vor existentielle Fragen stellen: Es passt nicht zusammen, dass, während das atlantische Establishment verbissen von Digitalisierung, Automatisierung und künstlicher Intelligenz predigt, Europa in immer stärkeren Masse von illegalen und beruflich weitgehend unqualifizierten Zuwanderern geflutet wird.
Zu selten nur wird zu diesem Thema Klartext gesprochen. Aus diesem Grund veröffentlicht Unser-Mitteleuropa das Transkript der Rede, um unseren Lesern die deutlichen Worte von Bundesrat Johannes Hübner nachstehend bekannt zu geben:
Danke Herr Präsident,
sehr geehrte Damen & Herren,
liebe Kollegen,
ja, ich glaube, was der Kollege (Marco) Schreuder (Grüne) hier gesagt hat, das kann so nicht stehen bleiben und soll auch nicht unwidersprochen bleiben: Zuerst einmal zu den Sanktionen an sich. Sie haben die Sanktionen dargestellt als einen Teil des europäischen Friedenswerkes, also ein Teil des Kampfes für Menschenrechte gegen Gewalt, gegen Tötung, gegen Missbrauch, gegen Zerstörung als ein genuin europäisches Projekt, das uns zeigt, wie die europäischen Werte den Putin-Werten gegenüberstehen.
Herr Kollege, haben Sie jemals die Genealogie der Russen Sanktionen verfolgt? Wissen Sie auf was die zurückgehen? Das glauben Sie? Ich werden Ihnen ein bisschen davon erzählen? Begonnen hat das Ganze im Juni 2017: Da wurde im amerikanischen Senat ein Gesetzesentwurf der Demokraten eingebracht. Im Jahr 2017 – da waren keine Kriege – nichts! Krim war lang vorbei.
Der Entwurf hat den bezeichneten Titel gehabt – «Countering Russian Influence in Europe and Eurasia» – dem russischen Einfluss in Europa und Eurasien entgegenzutreten. Das haben die Demokraten eingebracht und dem sind dann die Republikaner gefolgt und das Gesetz am 2 August 2017 beschlossen und vom amerikanischen Präsidenten unterschrieben worden, damals aber bereits unter dem trügerischen, aber doch auch recht enthüllenden Namen «Countering American Adversaries through Sanctions Act»
Das US Gesetz H.R.3364 für den US-Wirtschaftskrieg – auch gegen eigene «Verbündete»
Das heißt, amerikanischen Gegnern durch Sanktionen zu begegnen. Dieses Gesetz sieht vor, dass Beschlüsse der USA zur Sanktionierung aller Staaten – man hat es nicht einmal auf Russland beschränkt – internationales Recht darstellen und international durchgesetzt werden können und auch ausländische, insbesondere europäische Firmen, die gegen amerikanische Sanktionsbestimmungen verstoßen, amerikanisches Unrecht begehen und zivil und strafrechtlich in den USA verfolgt werden können.
Kern sagte: «Ein eklatanter Verstoss gegen das Völkerecht!»
Ich schau zum Kollegen (Stefan) Schennach (SPÖ), weil er so ruhig vor sich hindöst: Ja, ich schau hin, weil interessanterweise der damalige Bundeskanzler und SPÖ-Vorsitzende Kern dazu gesagt hat: «Das ist ein eklatanter Verstoß gegen das Völkerrecht». Es wurde in den Medien natürlich sehr wenig berichtet. Auch diese Äußerung von Kern nicht. Das ganze Gesetz wurde eher mit peinlichem Schweigen übergangen, weil es natürlich die Grundsätze einer offenen gerechten und rechtsbasierten Weltordnung auf den Kopf stellt.
Was ist daraufhin passiert? Es ist – da muss jetzt mal nachlesen, wann es genau war, am 29.01 2018 ist zu diesem Gesetz der erste sogenannte Report erschienen und der hat vorgeschlagen 96 Persönlichkeiten russischer Abstammung oder mit russischen Staatsbürgerschaften und mehrere hundert Unternehmen auf die sogenannte Sanktionsliste, auf die Blacklist zu setzen. Tatsächlich wurden dann auch mit Beschluss der amerikanischen Häuser vom April 2018 29 russische Personen oder russisch-stämmige Leute und 17 Unternehmen auf diese Liste gesetzt.
Es ist interessant, Sie können das in der Kongressbibliothek einsehen: Die Klausel 257 dieses Acts begründet ihn damit, dass es darum geht – ich zitiere jetzt wörtlich – «den Export von US-Energieressourcen Vorrang vor anderen Exportströmen zu erwirken und dadurch in den USA Jobs zu schaffen.» Das ist der Hintergrund dieser ganzen Gesetze:
Auszug aus H.R. 3364 Sec. 257 «Ukrainian Energy Security» – dem englischen Original
Die erste drastische Auswirkung war dann im Dezember 2017 gegen europäische Firmen, die bei NordStream 2 mitgearbeitet haben, Sanktionen erlassen wurden. Man hat einen eigenen Act (Gesetz) schnell gemacht, der skurriler Weise geheißen hat: «Protecting Europe‚s Energy Security Act».
”Protecting Europe‚s Energy Security Act of 2019” oder PEESA vom 11.6.2019 – das US Gesetz, welches in den Folgejahren noch mehrfach Zusätze erfuhr:
Ein beispielloser Eingriff in unsere Rechtsordnung
«Protecting Europe‚s Energy Security Act (PEESA)» hat als Hauptziel (gehabt) zu verhindern, dass weitere Gaspipelines auf dem Festland oder unter See errichtet werden können. Man hat damals auch die Bauarbeiten an NordStream 2 – einem ja zur Hälfte von Europa auch von Österreich finanzierten Projekt – zum Erliegen gebracht, indem man an die Firma Allseas, ein Schweizer holländisches Gemeinschaftsunternehmen, das die Verlegungsarbeiten durchgeführt hat, einen Brief – gerichtet hat – unterschrieben von den Fraktionsführern beider Parteien – den Republikanern und Demokraten: Damit wurde dem Vorstand mitgeteilt, dass das Unternehmen, wenn es nicht binnen 48 Stunden die Arbeiten an NordStream 2 einstelle, von den USA vernichtet würde. Das hat dazu geführt, dass die Firma unverzüglich die Bauarbeiten abgebrochen hat.
Nicht einmal gegen diesen beispiellosen Eingriff in unsere Rechtsordnung hat irgendjemand reagiert oder protestiert. In Deutschland hat es zwar lahme Beschlüsse gegeben, trotzdem am Projekt festzuhalten und darauf hinzuweisen, dass es zu 96 – oder 95 Prozent fertig sei und das Milliarden hier bereits versenkt wären. Einziges Ziel ist es gewesen sicherzustellen, dass keine Energie aus Russland oder aus Pipelines, die aus Russland, Kasachstan oder vielleicht sogar dem Iran oder Aserbaidschan Gas nach Europa bringen, fertiggestellt oder in Betrieb gehalten werden können.
Terroranschlag auf NS I & II am 26.09.2022 – Quelle: Video Sreenshot Swedish Coast Guard
Es wird Ihnen vielleicht nicht entgangen sein, was mit den beiden Pipelines NordStream 1 und 2 vor einer Woche etwa passiert ist.
Die Schweiz musste ihre Neutralität aufgeben
Gehen wir mal weiter zu dieser Sanktionspolitik. Die Sanktionspolitik hat ja auch dazu geführt, dass die Schweiz, die über 200 Jahre neutral war, ihre Neutralität aufgeben musste. Aber nicht, weil die Schweizer gesagt haben: «Es war eine schlechte Idee – jetzt schließen wir uns im Ukraine-Russlandkrieg den Ukrainern an», sondern weil die USA der Schweizer Bundesregierung und führenden Schweiz Unternehmen de facto mit der Vernichtung gedroht haben, falls die Neutralität nicht aufgegeben würde. Tatsächlich hat die Schweiz nur wenige Tage standgehalten und sich diesen Sanktionen angeschlossen.
Sanktionen überhaupt – Sanktionen als Mittel der Friedenspolitik. Da darf ich einmal die Grünen und auch die SPÖ, die ja immer davon reden, dass wir die Migrationsströme und Elend in der Dritten Welt in den Herkunftsländern der Migration dadurch bekämpfen müssen, dass wir vor Ort Hilfe leisten. So ist ja unsere Entwicklungszusammenarbeit begründet. So sind die 100 Millionen, die wir direkt und indirekt jedes Jahr dafür aufwenden unter anderem auch begründet. Wie sieht das nunmehr aus? Nehmen wir uns drei Herkunftsländer – Haupt Herkunftsländer der Migrationsströme her: Nehmen wir Afghanistan, Iran und Syrien. Das sind Länder, die seit Jahren – teilweise schon seit Jahrzehnten – mit den schärfsten amerikanischen Sanktionen belegt sind. Syrien hat überhaupt die schärfsten Sanktionen, die es in der Geschichte gegeben hat und denen sich nolens volens die Europäische Union natürlich angeschlossen hat.
Keine europäische Bank, kein Unternehmen kann es sich leisten gegen den «Countering American Adversaries through Sanctions Act» und die beigeschlossene laufend aktualisierte schwarze Liste zu verstoßen, weil das dazu führt, dass allen amerikanischen Unternehmen untersagt wird, mit diesen Firmen Geschäfte zu machen und Beschlagnahme des Vermögens in den USA droht und vor allem die Abkoppelung vom internationalen Dollar Transfer – also die Unmöglichkeit in Dollar Geschäfte zu machen. Was das bedeutet brauche ich nicht weiter zu sagen. Dieses Land ist nicht in der Lage irgendwelche Geschäfte zu machen, etwas zu finanzieren, Investitionen hereinzuholen und daher kehrt auch niemand nach Syrien zurück. Nicht weil der Krieg dort tobt – der ist seit zwei, drei Jahren mehr oder minder eingefroren, aber weil die wirtschaftlichen Grundlagen systematisch zerstört werden. Das einzige was man hier hört ist: «Ach Gott, der Erdogan, der wird uns jetzt die Flüchtlinge schicken – der wird die nicht behalten.» Ja, die Türken haben drei, vier Millionen, die sich weigern zurückzukehren, weil sie dort keine Lebensgrundlage sehen. Und die Gefahr besteht natürlich, dass die Türkei die nicht auf ewige Zeiten behalten wird.
Aber glauben Sie irgendjemand in der Europäischen Union diesem großen Friedensprojekt oder in der großen Entwicklungshilfe Szenerie kommt auf die Idee zu sagen: «Bitte hören wir mit diesen Sanktionen gegen Syrien auf. Es gibt so viele Länder, die nicht perfekte Demokratien sind. Die strangulieren wir auch nicht in einer Weise, dass die Bevölkerung flüchten muss.» Nein – das wird nicht gesagt, weil es dem Grundkonsens des amerikanischen Imperiums und den hier gleich geschaltet agierenden europäischen Akteuren widerspricht.
Wo liegen die wahren Wurzeln der Migrationsströme?
Afghanistan ist ja noch dramatischer! Nachdem die dortige von den USA – sagen wir mal freundlich – eingesetzte Regierung innerhalb von drei Monaten nach Abzug der amerikanischen Besatzungstruppen kollabiert ist, hat man nicht nur aufgehört Afghanistan irgendeine Unterstützung zu geben, sondern eine der ersten Taten der USA war es das gesamte Devisenguthaben der afghanischen Zentralbank zu beschlagnahmen. Es waren ca 4,75 Milliarden Dollar, so dass die lokale Währung Afghani ungedeckt und praktisch wertlos gewesen ist und Importe für die Afghanen unmöglich geworden sind. Die können also nur Barter-Geschäfte mit den Nachbarn machen, wo Sie Früchte und kleine Menge von Mineralien und dergleichen liefern und dafür Lebensmittel und andere lebensnotwendige Güter erhalten. Glauben sie das Friedensprojekt hat irgendetwas unternommen – ist in den USA vorstellig geworden und hat gesagt: «Bitte gebt denen doch die Devisen zurück. Holt Euch die 4,75 Milliarden irgendwoher, aber nicht ausgerechnet von Afghanistan.» Nein, hier wird aber gefordert – egal, ob im Parlament bei uns oder in internationalen Foren oder bei NGOs: «Wir müssen die Quellen und die Wurzeln der Probleme in Angriff nehmen.»
«Iran» brauche ich gar nicht zu nennen: Die stehen seit 40 Jahren unter Sanktionen und diese Sanktionen – das weiß ja jeder – die treffen ja nicht die Führungsschicht – die treffen ja nicht…die Mullahs dort, sondern die treffen den Durchschnittsbürger insbesondere die sogenannten verletzlichen unteren Einkommensschichten einer Bevölkerung, die keine Möglichkeit hat auch nur eine basismedizinische Versorgung zu erhalten.
Mit dem Irak ist es ähnlich. Der ist da eingesperrt unter lauter Sanktionskonditionen – auch dort ist die Wirtschaft massiv behindert, abgesehen davon, dass das von den Amerikanern dort installierte System hinten und vorne nicht funktioniert und von der lokalen und noch dazu importierten Korruption und Unfähigkeit der Leute zerfressen wird.
Wir sind also in einer Situation, wo wir wesentlichen Dingen gegenüber die Augen verschließen mit dem merkwürdigen Argument, das diene alles der Vermeidung von Gewalt, Übergriffen und sexuellen Missbrauch und so weiter, um nicht Völker zu strangulieren, doch unsere eigene Bevölkerung massivst beschädigen – das Real-Lohnniveau senken, die Zukunft weder wirtschaftlich noch energietechnisch, noch privathaushaltsmäßig in irgendeiner Weise absichern und zu all dem schweigen.
Und jetzt komme ich nochmal zum Kollegen Schenner, weil er heute zwei Anträge eingebracht hat. Ich kann nur sagen: «Ja, guten Morgen SPÖ – offensichtlich erwacht nach langem Dauerschlaf… Heute… am 6 Oktober kommt sie auf die Idee einen Gaspreisdeckel und aber skurrilerweise unter der Überschrift: «Aufschiebung…» – die Aufschiebung der CO2-Abgabe zu verlangen – seit Monaten. Diese Anträge haben wir jedenfalls zweimal eingebracht – einmal in einer Sitzung sogar, wo es eine Oppositionsmehrheit gegeben hat oder gegeben hätte. Von wem wurde sie abgelehnt? Von der SPÖ!… Liebe Kollegen von der SPÖ – gefordert haben sie es vielleicht mit dem Mund, aber ich habe keinen einzigen Antrag von Ihnen gesehen, um die CO2-Abgabe abzuschaffen, aufzuschieben und jetzt, wo sie in Kraft bereits ist – guten Morgen – am ersten Oktober in Kraft getreten, verlangen Sie eine Aufschiebung. Wenn: Verlangen sie eine Aufhebung oder Aussetzung, aber in der Überschrift steht Aufschiebung – das zeigt ungefähr wie lang sie den Antrag schon vorbereitet haben. Aber offenbar haben sie sich nicht getraut ihn einzubringen, weil er natürlich zur Politik, die in Wien gefahren wird von der SPÖ Stadtverwaltung im konträren Gegensatz dazu steht: Da wird ja alles gemacht, um die Preise hoch zu halten, um die möglichen Gewinne, die man trotz der Spekulation vielleicht noch erzielen könnte, hereinzufahren auf dem Rücken der Bürger.
Wir werden diesen Anträgen natürlich zustimmen, weil nachdem die SPÖ erwacht ist und ihr auch klar geworden ist, dass es eine Inflation gibt und es vielleicht ein Problem bei den Gaspreisen gibt, dass es vielleicht nicht so gescheit ist in einer Zeit der Inflation und der Real-Lohn Schmälerung noch eine Steuer auf Benzin & Co darüber zu erheben. Da werden wir natürlich zustimmen und wir gratulieren zu diesem Erwachen und freuen uns mit der SPÖ auf eine nunmehr hoffentlich wirklich bürgernahe und an den Realitäten orientierte Politik!
Vielen Dank [Applaus]
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