Langsam, aber sicher wächst der Yuan, wie Chinas Währung Rénmínbì im Ausland genannt wird, zu einer ernstzunehmenden Alternative zum US-Dollar im internationalen Waren- und Rohstoffhandel heran. Auch dies eine direkte Folge der westlichen Sanktionen gegen Russland, bei denen der Dollar das wichtigste wirtschaftspolitische Kampfinstrument darstellt. Denn die Drohung, bei Zuwiderhandlung vom Dollar-basierten Zahlungsverkehr, der von den USA dominiert und auch weitgehend kontrolliert wird, ausgeschlossen zu werden oder gar den Zugriff auf seine Fremdwährungsreserven zu verlieren, hat viele Staaten, Banken und große Handelshäuser davon abgehalten, allzu offen gegen die US- und EU-Restriktionen aufzubegehren. Zumindest am Anfang.
Sanktionen gegen Russland sind „historische Chance“ für China
Denn China hat die Verhängung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland als historische Chance begriffen, seine eigene Währung als weltweite Dollar-Alternative aufzubauen, und diese auch entschlossen genutzt. Eine Entwicklung, die der Autor dieser Zeilen schon im vergangenen Frühjahr korrekt vorausgesagt hatte, und die damals von westlichen Politikern und Mainstream-Ökonomen völlig falsch eingeschätzt, ja verlacht, wurde.
Heute, nur ein Jahr später, sprechen die Fakten eine andere Sprache. In diesem März hat die VR China erstmals mehr Außenhandelszahlungen in ihrer eigenen Währung Yuan abgerechnet als in US-Dollar. Gemäß Daten des Staatlichen Chinesischen Devisenamts SAFE in Peking wurden grenzüberschreitende Yuan-Transaktionen im Gegenwert von 549,9 Milliarden US$ ausgeführt, während es im Februar zuvor noch 434,5 Milliarden waren. Anteilsmäßig macht das 48,4 % in Yuan gegenüber 46.7% in Dollar, der geringe Rest waren Transaktionen in Euro, Yen und anderen Drittwährungen.
Yuan wird Euro überflügeln
Global gesehen betrug der Yuan-Anteil am Welthandel diesen März 4,5%. Das ist zwar immer noch nur ein Bruchteil der 84,3%, die in Dollar abrechnet werden, aber verglichen mit den Vorkriegszahlen vom Februar 2022 fast eine Verdreifachung. Und da der Aufwärtstrend anhält, dürfte der Yuan demnächst die weltweite Bedeutung des Euros überflügeln, dessen globaler Transaktionsanteil seit Jahren um die 6 Prozent stagniert.
Grund dafür ist nicht nur der immense Anstieg des Handelsvolumens zwischen China und der Russischen Föderation, das mittlerweile praktisch vollständig in Yuan abgewickelt wird. Laut Angaben der Moskauer Börse MOEX, die inzwischen nach Hongkong, Singapur und London der viertgrößte internationale Handelsplatz für Yuan-Geschäfte ist, hat sich der Devisenhandel in der chinesischen Währung binnen Jahresfrist verachtzigfacht (!) und macht jetzt knapp die Hälfte des gesamten russischen Devisenhandels aus. Russische Firmen, aber auch Privatpersonen, können bei russischen Banken jetzt günstig und problemlos Fremdwährungskonten in Yuan eröffnen. Und das nutzen sie auch, um den notorischen Kursrisiken der eigenen Landeswährung Rubel zu entgehen. Dank des Yuan können sich nun auch russische Großfirmen wieder ausländisches Fremdkapital beschaffen. Der weltgrößte Aluhersteller Rusal, der Goldminenkonzern Polyus und Russlands Ölriese Rosneft haben im letzten Herbst Anleihen im Wert von 42 Milliarden Yuan (ca. 6 Milliarden Euro) begeben und sich damit frisches Geld am internationalen Finanzmarkt besorgt. Etwas, dass West-Sanktionen ja angeblich verhindern sollten.
„Petro-Yuan“ im kommen
Aber auch andere Staaten in Asien, Afrika und vor allem Lateinamerika springen jetzt auf den ins Rollen gekommenen Yuan-Zug auf. Prominentestes Beispiel ist Saudi-Arabien, das im letzten Herbst mit großem Pomp die Einführung von Yuan-Zahlungen für seine Öllieferungen nach China verkündete, und das Ölland Malaysia zog kurz darauf nach. Bei den Saudis wünscht man ganz klar mehr Unabhängigkeit vom Petrodollar, denn man fürchtet, bei nächster Gelegenheit ein ähnliches Schicksal wie die Russische Zentralbank zu erleiden, weil man nicht brav nach Washingtons Pfeife getanzt hat. Und bei Malaysia ist es ein offenes Geheimnis, dass in den dortigen Lagertanks russisches Embargo-Öl in eigenes umetikettiert und dann mit Profit am Weltmarkt weiterverkauft wird. So macht schon das Wort vom “Petro-Yuan” die Runde.
Bei Ländern wie Argentinien, Brasilien oder Pakistan, die in letzter Zeit bilaterale Zahlungsverkehrsabkommen mit China geschlossen haben (ZurZeit berichtete), kommt hinzu, dass die Währungs-Swaps mit der chinesischen Notenbank PBOC ihre eigenen klammen Dollarreserven schonen und damit den Kurswert der Heimatwährung stützen. Außerdem werden Außenhandelsgeschäfte prinzipbedingt billiger, wenn keine Drittwährung involviert ist. Durch den Wegfall von Umtauschkosten ergeben sich Kostenvorteile von bis zu drei Prozent, je nach Währungspaar.
Alternative zu SWIFT
Doch damit eine Währung als weltweite Handelsdevise anerkannt wird, braucht es mehr als nur gegenseitige Zentralbankkonten. Und hier hat China schon seit Jahren Vorarbeiten geleistet, von deren Früchten es jetzt rasant profitiert. So hat China mit dem “Cross-Border Interbank Payment System” (CIPS) seit 2015 eine funktionale Alternative zum westlichen SWIFT geschaffen, über das grenzüberschreitende Zahlungen zwischen Banken vorwiegend abgewickelt werden. CIPS, beheimatet in Shanghai, war bis zum Rauswurf russischer Banken aus dem SWIFT-System ein unbedeutender, regionaler Exot. Jetzt sind aber praktisch alle russischen Banken an CIPS angebunden und damit ist elektronischer Geldverkehr mit Russlands Handelspartnern technisch wieder problemlos möglich; es muss nur anders geroutet werden. Auch hier bringt die Nutzung des Yuan Kostenvorteile.
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