Mehr als 600 Gäste nahmen an der IX. Moskauer Konferenz für internationale Sicherheit teil, die vom russischen Verteidigungsministerium am 23. und 24. Juni organisiert wurde.

 


 

Im Rahmen des Forums wurden globale und regionale Stabilitätsprobleme sowie verschiedene Aspekte der Sicherheit in Europa, Asien, Afrika, dem Nahen Osten und Lateinamerika diskutiert.
Die Moskauer Konferenz für internationale Sicherheit findet seit 2012 jährlich unter der Schirmherrschaft des russischen Verteidigungsministeriums statt. Das Forum baut konsequent seine Rolle als maßgebende Plattform für die Diskussion der aktuellsten Probleme der internationalen Sicherheit aus und erweckt traditionell großes Interesse sowohl in Russland als auch im Ausland.
An dem Forum nahmen Verteidigungsminister, Generalstabschefs, Militärdelegationen und Vertreter der Expertengemeinschaft aus verschiedenen Staaten sowie Vertreter der GUS, der OVKS, der UNO, der OSZE, des IKRK und der LAS teil.
Zum ersten Mal waren Bundestagsabgeordnete der Partei AfD (Alternative für Deutschland) auf dem Forum anwesend. Das ist ein bedeutender Moment in der Entwicklung der russisch-deutschen Beziehungen. Vor allem angesichts der Tatsache, dass die AfD-Partei eine Opposition zur aktuellen Regierung darstellt sowie im Hinblick auf die anstehenden Wahlen in Deutschland.
Es gelang uns, den Leiter der deutschen Delegation Tino Chrupalla, Co-Parteichef Vorsitzender der AfD, Mitglied des Deutschen Bundestages, zu interviewen.

   Frage 1. „Sie waren in Moskau. Warum? Warum zum ersten Mal?“
Antwort: Ich bin vom russ. Verteidigungsministerium eingeladen worden. Natürlich bin ich gern nach Moskau geflogen. Es ist mir bekannt, dass das russ. Verteidigungsministerium regelmäßig hochrangige Vertreter aus Deutschland einlädt, diese Einladungen aber von deutscher Seite nicht wahrgenommen werden. Wir als AfD sind am Dialog mit den für Deutschland wichtigen Akteuren interessiert, dazu gehört natürlich auch Russland. Vielleicht hat sich das mittlerweile herumgesprochen.
    Frage 2. „Gibt es ein Verbot für NATO-Vertreter, an der Konferenz teilzunehmen?“ Antwort: Ein solches Verbot ist mir nicht bekannt. Das müssen Sie die NATO und deren Vertreter fragen. Allerdings ist es sehr auffällig, dass seit Jahren kein hochrangiger Vertreter aus Deutschland oder anderen NATO-Staaten auf der MCIS anwesend war.
    Frage 3. „Was denken Sie, ist eine europäische Armee, die vom starken Deutschland und Frankreich dominiert wird, ein Faktor für mehr Stabilität oder wird sie im Gegenteil nur die Spannungen in Europa erhöhen, und ist Ihrer Meinung nach der Schaffung einer solchen europäischen Armee eine Aufgabe der nahen Zukunft, eine strategische Perspektive oder eher eine Illusion?“
Antwort: Unsere Position ist da ganz klar: jede Nation hat ihre selbstständigen Streitkräfte. Deren einziges Ziel ist die Sicherheit der eigenen Bevölkerung. Aufgrund der strategischen Herausforderungen ist eine europäische militärische Kooperation dringend geboten. Diese muss aber von Europa initiiert sein und nicht von außereuropäischen Mächten. Momentan sehe ich da kaum politisch sinnvolle Ansätze. Gemeinsame Übungen und Einsätze der europäischen Armeen gibt es bereits jetzt und unsere Soldaten verfügen über viele Erfahrungen im multinationalen Umfeld. Ich glaube, auf der militärischen Arbeitsebene sind wir schon ziemlich weit, aber eine europäische Militärdoktrin oder eine gemeinsame Strategie sehe ich momentan nicht.
     Frage 4. „Inwieweit finden die Aussagen der Verteidigungsministerin AKK über die Notwendigkeit des Gesprächs mit Russland aus der Position der Stärke heraus Unterstützung im Militär in Deutschland? Und wie sehen in diesem Zusammenhang die Perspektiven der deutsch-russischen Sicherheitskooperation aus? Ist Russland eine Bedrohung für Deutschland? Ein Gegner? Ein Partner?“
  Antwort: Deutschland und Russland haben gemeinsame Interessen: wirtschaftliche, politische und kulturell-gesellschaftliche. Ich würde das auch auf ganz Europa ausdehnen. Alle europäischen Staaten haben ein Interesse an einem ausgewogenen Verhältnis zum östlichsten europäischen Staat. Natürlich erstreckt sich das auch auf den militärischen Bereich. Keine europäische Nation möchte noch einmal zum Schlachtfeld werden. Unsere Völker haben im letzten Jahrhundert Erfahrungen gesammelt, die andere Nationen nicht gemacht haben. Deshalb ist Frieden das erste gemeinsame Interesse. Wie sollte man aber den Frieden bewahren, wenn man nicht miteinander spricht? Ich glaube für einen ausgewogenen Dialog mit Russland stehen auch die deutschen Soldaten.
  Frage 5. „Was sind Ihrer Meinung nach den wichtigsten destabilisierenden Faktoren für Europa und die Bedrohung der Sicherheit in der EU in absehbarer Zukunft?“           Antwort: Da sind zunächst die geopolitischen Spannungen zwischen Europa, den USA, China und Russland zu nennen. Die Krisenregionen in Afrika und im Nahen Osten. Die Infragestellung der Vereinbarungen über Nuklearwaffen. Und nicht zuletzt die Provokationen an den Berührungspunkten der genannten Blöcke. Die weichen Folgen dieser Konflikte spüren wir bereits jetzt in Europa: Migration, wirtschaftliche Schieflage, Unsicherheit und Sanktionen.
Und die abschließende Frage: „Der Bundestag diskutierte das Problem der Verbindungen zwischen neonazistischen Organisationen in Europa und ukrainischen paramilitärischen und militärischen Organisationen, vor allem dem Asow-Regiment und der Asow-Bewegung. Darüber schreibt auch der Berliner Think Tank CER in seinem Bericht. Glauben Sie, dass eine Bewegung wie Asow eine Gefahr für die europäische Sicherheit darstellt?“
  Antwort: Die AfD steht für das Prinzip der Souveränität und der Freiheit der Völker. Wir sind strikt gegen eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Nationen. So beteiligen wir uns zum Beispiel nicht an den Verurteilungen Russlands wegen angeblicher Menschenrechtsverstöße, so lange diese nicht bewiesen und mit belastbaren Fakten belegt sind. Wir als Deutsche haben leidvoll erfahren, wie es ist, von fremden Mächten beeinflusst und manipuliert zu werden. Die Ukraine hat wie jedes Land der Welt, das Recht, zu seiner Verteidigung Streitkräfte aufzustellen. Wie diese organisiert sind, ist eine Angelegenheit der Ukraine. Es ist jedoch klar, daß Verbände wie die Bataillone Asow, Donbass, Dnipro oder Ajdar keinen Platz in den deutschen Streitkräften hätten. Unsere Soldaten stehen auf dem Boden unseres Grundgesetzes und der Demokratie. Das wird auch unter einer AfD-Regierung so sein.
von Ilia Ryvkin