Nach einem Besuch von Wirtschaftsminister Robert Habeck und Agrarminister Cem Özdemir in einem Dorf im brasilianischen Amazonasregenwald gibt es in sozialen Medien Kritik. Vor allem eine Aussage Habecks sorgt für Irritationen.

Manaus. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Bundesagrarminister Cem Özdemir (beide Grüne) haben sich bei einem Besuch im Amazonasregenwald für den Schutz der „grünen Lunge“ eingesetzt. Allerdings gibt es nach der Reise der Grünen-Minister Kritik. Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki warf Habeck und Özdemir wegen ihrer Südamerikareise Heuchelei vor.

„Schön wäre es aus meiner Sicht gewesen, die beiden Minister hätten bei ihrem Aufenthalt in Kolumbien einen kurzen Abstecher gemacht, um im Namen der Bundesrepublik voll Dankbarkeit die dortigen Kohlegruben zu besichtigen, die wegen der grünen Weigerung, hierzulande weiter auf Kernkraft zu setzen, wohl noch über Jahre von uns stark in Anspruch genommen werden“, schrieb Kubicki auf Facebook.

In seinem Beitrag bezieht sich der FDP-Vize auf einen Bericht der „Welt“ über die Amazonasreise der Minister. Der sorgt vor allem auf Twitter für Kritik an Vizekanzler Habeck. Der soll beim Besuch eines Dorfes im Amazonasregenwald in der Nähe von Manaus die Einwohnerinnen und Einwohner begrüßt haben „als hätten die noch nie einen Mann aus Europa gesehen“, heißt es in dem Bericht.

„Ihr fragt euch vielleicht, wer wir sind“, wird Habeck zitiert. „Ich bin Robert, das ist Cem und wir sind Minister in der deutschen Regierung – das ist so etwas wie euer Häuptling, aber in einem anderen Land“. Erst später ergänzte die „Welt“, Habeck habe auf Englisch mit den Einwohnerinnen und Einwohnern gesprochen und den Begriff „Chief“ verwendet. „Chief“ kann mit „Häuptling“ übersetzt werden – allerdings auch mit „Chef“, „Leiter“ oder „Oberhaupt“.

„Weder Cem, noch Habeck sind meine Häuptlinge“, schrieb etwa die Linken-Angeordnete im Europaparlament, Özlem Demirel, auf Twitter. Sie warf den Ministern „Arroganz“ und einen „eurozentristischen Blick auf die Welt“ vor.

Einzelne Nutzer werfen den Ministern auch „kulturelle Aneignung“ vor. Özdemir und Habeck ließen sich bei ihrem Besuch im Amazon von den Einheimischen das Gesicht bemalen.

Habeck kündigte bei dem Besuch am Dienstag mehr finanzielle Hilfen Deutschlands zum Schutz des Regenwaldes an. Er sagte, Deutschland werde über die Internationale Klimaschutzinitiative noch einmal Gelder bereitstellen. Etwa 30 bis 50 Millionen Euro seien möglich. Damit solle der Schutz des Regenwaldes nach vorne gebracht werden. Habeck lobte erneut den politischen Willen der neuen brasilianischen Regierung, die Abholzung des Regenwaldes zu stoppen.

Die „grüne Lunge“, die jede Menge Kohlenstoff speichert, ist aber schon lange bedroht, mit möglichen schwerwiegenden Folgen für das Weltklima.

Habeck und Özdemir reisten weiter in die kolumbianische Hauptstadt Bogotá. Dort sagte der Wirtschaftsminister dem Land am Mittwoch Unterstützung bei einem Ausstieg aus der Kohle zugesagt. Habeck betonte nach Gesprächen mit Regierungsvertretern, beide Länder wollten innerhalb der nächsten zehn Jahre aus der Kohle aussteigen – Kolumbien aus dem Kohleabbau, Deutschland aus der Kohleverstromung. Habeck sprach von einer großen Aufgabe.

Der Kohleabbau in Kolumbien sei auch eine ökologische und soziale Problematik. Der kolumbianische Handelsminister German Umaña betonte die Bedeutung der Zusammenarbeit mit Deutschland bei der Energiewende.

Habeck sagte, die Aufgabe bestehe nun darin, eine Alternative aufzubauen. Dies sei die Produktion von grünem Wasserstoff. Dieser wird auf Basis erneuerbarer Energien aus Wind und Sonne hergestellt. Die Potenziale Kolumbiens seien „sehr, sehr groß“, so der Grünen-Politiker. Deutschland wolle den Aufbau einer Wasserstoffindustrie unterstützen. „Und natürlich haben wir auch Unternehmen“, die statt Kohle in Zukunft einen klimaneutralen Energieträger kaufen möchten, sagte Habeck. Beim klimafreundlichen Umbau von Produktionsprozessen in Deutschland soll Wasserstoff eine Schlüsselrolle spielen.

Quelle: https://www.rnd.de/politik/amazonas-besuch-von-habeck-und-oezdemir-kritik-von-kubicki-fdp-DRCMB4HEIU4MDTHQZGRSS53HJ4.html