Die beharrliche und arrogante Weigerung von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Informationen über den von ihr mit Pfizer-Chef Albert Bourla abgeschlossenen Corona-Impfdeal herauszugeben, hat nun möglicherweise endlich juristische Konsequenzen: Anfang April hat der belgische Lobbyist Frédéric Baldan in Lüttich Klage gegen von der Leyen eingereicht, weil er der Ansicht ist, dass deren mutmaßliche Verstöße gegen ihre Befugnisse die öffentlichen Finanzen und das öffentliche Vertrauen in Belgien untergraben hätten. Konkret wirft er ihr Aneignung von Funktionen, die Vernichtung öffentlicher Urkunden und Korruption vor. Von der Leyen sei überhaupt nicht autorisiert gewesen, mit Pfizer zu verhandeln und schon gar nicht im “stillen Kämmerlein”, weil sie nicht Mitglied der dafür zuständigen Steuerungsgruppe gewesen sei, macht Baldan in der Beschwerdeschrift geltend.

Laut Baldans Anwältin muss der zuständige Richter nunmehr zwingend ermitteln und kann die Klage nicht einfach für unzulässig erklären. Dies könnte zur Folge haben, dass die Aufhebung der Immunität von der Leyens im EU-Parlament beantragt wird. Baldan kündigte an, er werde den Untersuchungsrichter bitten, die Textnachrichten einzusehen, deren Herausgabe die Kommissionspräsidentin verweigert. Es gebe nur drei Szenarien, die dem entgegenstehen könnten: Sollte von der Leyen die strittigen Textnachrichten löschen, käme dies der Vernichtung von Verwaltungsdokumenten gleich. Wenn sie sie weiter nicht herausgeben wolle, würde sie damit als öffentliche Person handeln, die willkürlich gegen in der Verfassung verankerte Rechte verstoße. Und wenn sie die Offenlegung der Korrespondenz  mit dem Hinweis verweigere, dass diese “privat” sei, würde dies eine enge persönliche Beziehung zwischen von der Leyen und Bourla und damit einen ernsthaften Interessenkonflikt bei Vertragsverhandlungen bestätigen, erläuterte Baldan weiter, was nicht nur von der Compliance her skandalös, sondern auch strafrechtlich relevant sei.

“Ziemlich beispiellos”

Baldan verwies auch auf das besondere Privileg Pfizers bei der Belieferung der EU mit Impfstoff; 27,9 Millionen der 40,4 Millionen von auf Belgien entfallenden, bestellten Corona-Impfdosen stammten von Pfizer. Es steht hier vor allem der Verdacht im Raum, von der Leyen habe über Textnachrichten mit Bourla direkt eine Vertragsverlängerung über 1,8 Milliarden Euro für zusätzliche Impfdosen an EU-Länder ausgehandelt. Konkret handelt es sich hier um die erste Klage, die in dieser Sache aus einem der 27 EU-Mitgliedstaaten in dieser Angelegenheit eingereicht wurde. Dabei ist es nicht mehr die Kommission als Ganze, der Intransparenz vorgeworfen wird, sondern von der Leyen persönlich – und zwar auf Grundlage des belgischen Strafgesetzbuches.

Laut dem Pariser EU-Rechtsprofessor Alberto Alemanno ist der Fall „ziemlich beispiellos“. Es sei das erste Mal, dass er Beobachter einer Klage sei, die vor nationalen Gerichten gegen ein einzelnes Kommissionsmitglied gerichtet sei. Seiner Ansicht nach könne die Klage als Provokation gegen die EU-Kommission gewertet werden, weil diese bisher jede Mitwirkung zur Aufklärung verweigere. Weder Anfragen der EU-Ombudsfrau noch des EU-Rechnungshofs und nicht einmal eine Klage der „New York Times“ konnten von der Leyen bislang dazu bewegen, ihre Blockadehaltung aufzugeben. Nun steht zu hoffen, dass die nationale Gerichtsbarkeit Belgiens endlich erzwingt, dass Licht in diese dubiose Affäre kommt.

Quelle: https://ansage.org/kommt-von-der-leyen-wegen-ihrer-pfizer-deals-endlich-vor-gericht/