Seit Beginn des Krieges in der Ukraine wird uns ein propagandistischer Stehsatz eingehämmert: „Putin dreht uns das Gas ab“!

 

Tatsächlich ist es genau umgekehrt: Die EU versucht mit Krampf den Gasbezug aus Russland, in dem unsinnigen Glauben Russland damit zu schaden, zu reduzieren. Zum einem war es die Nichtinbetriebnahme von Nordstream II und zum anderen das Abschalten der Yamal-Pipeline. Letztere hatte Polen und Deutschland  mit Gas versorgt. Nachdem Polen seine Verträge mit Gazprom letztes Jahr gekündigt hatte, wurde auch diese Pipeline zu Russland hin abgeschaltet. In der Zwischenzeit lässt sich Polen über diese Pipeline in der Gegenrichtung von Deutschland mit Gas versorgen! Russland verdient inzwischen mit seinen Energieexporten mehr denn je und Deutschland darf bald „gegen Putin frieren“.

Zwar hat Putin mehrfach betont, Gas nicht als Waffe einsetzen zu wollen, jedoch kann es sein, dass die Reparaturarbeiten an Nordstream I gelegen kommen, um jetzt den EU-Hampelmännern die Daumenschrauben anzusetzen. Die Botschaft ist klar: Ihr könnt Gas haben so viel ihr wollt, jedoch über die Nordstream II Pipeline! Letzteres wird von Deutschland und der EU jedoch als „Kapitulation“ betrachtet, weil es die Abhängigkeit von Russland angeblich noch erhöhe! Ein Argument, dass für Menschen die noch klar denken können, nicht mehr nachvollziehbar ist.

Biogas könnte Entlastung bringen

Plötzlich sucht man nach allen möglichen anderen Gaslieferanten, die jedoch sowohl in ihrer Anzahl als auch in ihrer Kapazität extrem begrenzt sind. Es gab schon in der Vergangenheit eine Alternative zum russischen Erdgas, die allerdings aus verschiedenen Gründen stiefmütterlich behandelt wurde: das zu Biomethan gereinigte Biogas! In der Vergangenheit wurde gegen Biogas argumentiert, dass es in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion stehe. Solange man Mais für Biogas anbaut, wäre das tatsächlich so. Das muss aber nicht sein:

Sowohl in Deutschland wie auch in Österreich gab und gibt es bereits Versuche, Substrate für Biogasanlagen aus Zweitfrüchten zu gewinnen, die nach der Getreideernte im Juli angebaut werden und bis Ende Oktober Zeit zum Reifen haben. In Deutschland wird auf etwa sechs Millionen Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche Getreide angebaut. Würde man auf diesen Flächen eine Zweitfrucht anbauen, entspräche das einem Äquivalent von 165 Terawattstunden (TWh) Gas.

Eine weitere Möglichkeit ist die Vergärung von Stroh: Stroh kann nach einem Verfahren der Firma Verbio-AG (de.wikipedia.org/wiki/Verbio, das ist jetzt keine Werbung für diese Firma) zu Biomethan vergoren werden. Derzeit gibt es in Deutschland 190 Anlagen, die Biomethan nach diesem Verfahren erzeugen. Nach einer Pressemitteilung dieser Firma bleiben jedes Jahr allein in Deutschland acht bis 13 Millionen Tonnen Stroh ungenutzt – ein gewaltiges Rohstoffpotential für den Biokraftstoff von VERBIO. Nach til.de errechnet sich daraus ein Potential von etwa 25 TWh Gas. Zusammen ergäbe sich ein Potential von rund 190 TWh Gas, oder knapp 20 Prozent des deutschen Gasverbrauchs von etwa 1000 TWh Gas pro Jahr.

Die derzeit installierten Biogasanlagen in Deutschland (hauptsächlich auf der Basis von Mais) liefern etwa 100 TWh Gas! Damit man sich eine Vorstellung von dieser Energiemenge machen kann, sei diese Energiemenge von 190 TWh  in durchschnittlichen Energieertrag von

Windrädern umgerechnet. Es ergeben sich etwa 43.000 3 MW Windräder. Derzeit gibt es 30.000 Windräder in Deutschland. Trotz dieses Potentials stagniert die Inbetriebnahme von Biogasanlagen in Deutschland. In Österreich ist es noch schlimmer: durch die speziellen Fördervorgaben nimmt die Anzahl der Biogasanlagen wieder ab.

Natürlich soll man nicht verheimlichen, dass Gas aus Biogasanlagen wesentlich teurer als Gas aus Russland ist und immer sein wird. Aus der Sicht des Staates muss es allerdings auch noch andere Gesichtspunkte geben, als die rein betriebswirtschaftliche Kostenrechnung, wie eben

Versorgungsunabhängigkeit (jetzt ganz unabhängig von den aktuellen Ereignissen), oder lokale Wertschöpfung, die regional Arbeitsplätze und Steuereinnahmen sichert. Somit ist es recht und billig zu fordern, dass Biogasanlagen soweit gefördert werden, dass Biogas konkurrenzfähig wird.

Im Grunde handelt es sich um ein ähnliches Problem, wie bei den Lieferketten. Durch die Abschaffung der Zölle waren nun mal asiatische Anbieter für viele Produkte billiger als die entsprechenden europäischen Hersteller, was dazu führte, dass ganze Industriezweige in Europa verschwunden sind. Wegen Corona und anderen Ursachen sind diese Lieferketten extrem gefährdet und führen zu Lieferverzögerungen und in der Folge zu Produktionsstillständen, Inflation und Rezession!



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Quelle: https://unser-mitteleuropa.com/die-gas-posse-teil-1-wer-ist-an-gasknappheit-schuld-biogas-wird-vernachlaessigt/